Samstag, 27. September 2008

Transalp 08

... Dämpferdefekt, Mantelriss, mehrere Patsch’n, gebrochener Schnellspanner, verrauchte Bremsbeläge und kaputte Radnaben – das Ergebnis unserer 8-tägigen Transalp Tour von St. Anton nach Riva del Garda ...

Was jedoch hier so schlimm klingt war eine absolut traumhafte und atemberaubende Tour über die höchsten fahrbaren Übergänge der Ostalpen. Da natürlich alles relativ ist, möchte ich hier auf das Wort „fahrbar“ nicht näher eingehen. In unseren knapp 330 km und 12000 hm hatten wir auch sage und schreibe 16 km Schiebepassagen zu bewältigen.



Wer sind eigentlich wir? Hier am Foto vor dem gewaltigen Ortlermassiv von li. nach re. Judith Stieg, Anne Brill, Roland Leitner, Sabine Lattinger, Rene Sendlhofer und Ingo Stefan. 6 Pedalritter die sich nicht entscheiden konnten, ob sie nun lieber Bergsteigen oder Biken, konnten dies in den folgenden 8 Etappen bestens miteinander kombinieren ...

Aufgrund von Regen am ersten Tag und den oben genannten Pannen mussten wir unsere geplanten Etappen gleich von Beginn an neu strukturieren.

1. Tag:

Pettneu 1220m – Heilbronnerhütte 2320m
28,6 km, 1219 hm↑


Nach Regengüssen in der Nacht konnten wir erst am Freitag den 15.08. zu Mittag starten. Bei angenehmen Temperaturen schraubten wir uns die ersten Höhenmeter nach oben. Durch schier unendlich tiefe Schlammlöcher, reißende Gebirgsbäche und vorbei and schnaubenden Kühen erreichten wir am späten Nachmittag bei erneutem Regen und einsetzendem Schneefall die Heilbronnerhütte (2320m). Aufgrund des Wetters entschlossen wir uns hier zu übernachten und das erste Weizenbier der Tour zu genießen.

2. Tag:
Heilbronnerhütte 2320m – Heidelbergerhütte 2264m
38,11 km, 1097 hm↑, 1049 hm↓


Die erste Abfahrt, zwar etwas neblig aber angenehm. Wir mussten uns etwas beeilen, da wir unsere 6. Bikerin, Anne, in Ischgl trafen. Sie stieg aufgrund der schlechten Wettervorhersage erst einen Tag später ein. Dort angekommen überfielen wir zuerst mal den Supermarkt und deckten uns mit Haribo aller Art ein. Danach folgte ein sehr steiler Anstieg über die Asphaltstraße durch das Schigebiet von Ischgl. Warum wir hier nicht die Gondel nahmen verstehe ich bis heute nicht ... Später am Nachmittag erreichten wir die Schweiz – kaum die Grenze übertreten pfiffen uns auch schon die ersten Murmeltiere hinterher.

3. Tag:
Heidelbergerhütte 2264m – Sesvennahütte 2256m
37 km, 1686 hm↑, 1706 hm↓


Eines der ersten Highlights der Tour erwartete uns: Der Fimberpass (2610m) und das D’Uina Tal mit seinen aus dem Fels gesprengten Trails, welche in den Jahren von 1908 – 1910 auf Anordnung des DAVs angelegt wurden, um sich einen weiten Umweg zu ersparen. Nach sehr steiler Abfahrt und extrem teuren Spaghetti im Unterengadin erreichten wir die Schlucht – alle Anstrengung war vergessen. Auf 1,3 m breiten Wegen ging es nun steil bergauf Richtung Italien. Fast taub aufgrund von alarmschlagenden Murmeltieren und der Erkenntniss, dass Bikehosen nicht vor Elektrozäunen schützen, kamen wir erschöpft aber fasziniert von der Landschaft am Abend bei der Sesvennahütte (2256m) an.

4. Tag:
Sesvennahütte 2256m – Schaubachhütte 2573m
42,6 km, 1802 hm↑, 1271 hm↓

Wie es der Zufall wollte, konnten wir diese Etappe aufgrund von Pannen nicht bis zur Zufallhütte fortsetzen und übernachteten mitten im Ortlermassiv, auf der Schaubachhütte (2573m) bei Sulden (1900m). Um meinem Ruf als Orientierungsgenie gerecht zu werden, stellte ich ohne Probleme fest, welcher der Berge vor uns der Ortler (3905m) war – nicht wundern, falls in den nächsten Jahren die Königsspitze (3859m) als Ortler in den Atlanten der Unterstufen zu finden ist ... War wohl nur ein kleiner Anfall von Schwäche nach einer Anstrengenden Tour!

5. Tag:
Schaubachhütte 2573m – Zufallhütte 2265m
10 km, 620 hm↑, 860 hm↓

Die kürzeste Etappe, aber auch der höchste Punkt der ganzen Tour – das Madritschjoch mit 3123 m. Nun folgte einer der schwierigsten Downhills der Tour. Der Weg runter zur Zufallhütte (2265m) stellt wohl auch für einige Wanderer ein Problem dar. Auf alle Fälle ernteten wir kollektives Kopfschütteln wenn wir uns mal wieder unseren Weg über Stufen, Steine und enge Kehren nach unten suchten. Bereits zu Mittag bei der Hütte entschieden sich einige von uns noch eine Tagestour Richtung Zufallferner zu unternehmen – scheint so als waren wir noch nicht ausgelastet genug! Um dem Alpenverein gerecht zu werden legten wir unsere Bikes beiseite und fröhnten dem Deep-Water-Soloing. Wer Hirn hat schützt es – klettern immer mit Helm – vorbildhaft!

6. Tag:
Zufallhütte 2265m – St. Gertraud 1501m
63 km, 2210 hm↑, 3002 hm↓


Mittlerweile war unsere Gruppe auf 8 Personen angewachsen – zwei fliegende Holländer – Eelco und Patrick – waren nun mit uns gemeinsam unterwegs nach Riva. An diesem Tag überquerten wir den Tarscherpass (2517m), eine lange Schiebestrecke rauf und runter. Selbst mit Hirn ausschalten war hier nicht mehr an runterfahren zu denken. Bereits wieder im Tal ging Judith die Radnabe kaputt – an weiterfahren war nun nicht mehr zu denken. Judith musste 45 Minuten mit dem Bus Richtung Meran zu einem Bikestore – zum Glück erreichte sie just in time den letzten Bus hin, den Store in letzter Minute und den allerletzten Bus zurück nach St. Gertraud wo wir uns mittlerweile in der Villa Elisabeth den Kochkünsten der Besitzerin hingaben.

7. Tag:
St. Gertraud 1501m – Rifugio Graffer 2261m
53 km, 2621 hm↑, 1860 hm↓


Die anstrengendste Etappe stand uns bevor! Zuerst auf das Rabbijoch (2449m), wieder runter ins Tal und nochmals hoch zur Rifugio Graffer (2261m) – der letzten Übernachtung vor Riva (70m). Eine nochmals sehr abwechslungsreiche Landschaft, grüne Berge, karstige Felsen und mediterrane Landschaften im Tal. Selbst sah ich nicht viel davon, denn meine Landschaft war am Lenker montiert und hatte gerade 4x5 cm. Ohne GPS hätten wir jedoch viele Trails nicht gefunden und einige nette Downhills verpasst. Auf den letzten Höhenmetern brennte die Abendsonne nochmal richtig heiß und wir waren froh als wir nach dieser Monster-Etappe die Hütte erreichten.

8. Tag:
Rifugio Graffer 2261m – Riva 70m
73 km, 1556 hm↑, 3643 hm↓

Die letzte Etappe – quasi ausrollen bis nach Riva. Oder auch nicht – 2 Pässe standen uns noch bevor. Aber die Vorfreude auf den See überwiegte, so machten wir uns sehr früh auf den Weg um der sengenden Hitze Italiens zu entkommen. Spätestens bei Ingo’s Reifenpanne hatte sie uns jedoch eingeholt. Selber schuld, benötigten wir aufgrund Rene’s Urkräften auch drei (!) Schläuche um einen Patsch’n zu flicken ... Die Hitze trübte die Sinne! Gegen Abend erreichten wir dann den Gardasee, glücklich über die erfolgreich verlaufene Tour, aber auch traurig dass nun bereits alles vorbei war.

Da wir aber bereits während den letzten Etappen über eine Neuauflage der Tour gesprochen haben, werden wir uns wohl im nächsten Jahr zu dieser Zeit wieder irgendwo in den Alpen durch die Berge schinden ...

Von meiner Seite hier ein riesiges Dankeschön an die tolle Gruppe und an Maria, die uns den Materialtransport ermöglicht hat. Es war ein atemberaubender Urlaub, und noch viel wichtiger ist, dass alle wieder fit und gesund zu Hause angekommen sind.

Nur die Grazer Bike-Stores werden sich in den kommenden Wochen eine goldene Nase mit Servicestunden verdienen ...

So möchte ich mit dem wohl treffendsten Satz der Tour abschließen: „Ende am Gelände für die Gummibärenbande!“

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